Sonntag, 2. Januar 2011

Schritt für Schritt


Ich habe mich selbst überwunden und fühle mich gut. Ich war draußen, besser gesagt in Holland. Seit Monaten habe ich nichts mehr mit meinen Eltern gemeinsam unternommen. Hatte mich lieber in meinem Zimmer verkrochen, wollte niemanden sehen und vor allem von niemanden gesehen werden. Meine Angst vor Zurückweisung & Einsamkeit ist geradezu überwältigend. Dabei weiß ich doch genau, dass die Angst davor genau das erzeugt - Zurückweisung und Einsamkeit. Ich kann nicht mein ganzes Leben lang in meinem Zimmer bleiben und mich vor der Menschheit verstecken. Deswegen war ich heute mit meinen Eltern im Pannekoekenhuis. Zwar habe ich ein schlechtes Gewissen, aber wenigstens habe ich mich getraut, bin nicht einfach weg gelaufen, habe mich meinen Problemen gestellt. Dann schreit die Essstörung in meinem Kopf halt grade was ich mir dabei gedacht habe, das ich fett und einsam sterben werde. Ich bin stärker. Heute und in genau diesem Moment weiß ich das ich stärker bin.

Als ich während der Autofahrt nach draußen geschaut habe, musste ich mich fragen was ich mir eigentlich antue. Klar, ich bin nicht freiwillig krank geworden, habe nicht darum gebeten von all diesem "Kopfmüll" befallen zu sein, aber es ist nun einmal so - und ich muss schauen wie ich damit zurecht komme. Wie ich weiterkomme, den Kopf nicht hängen lasse. Ich musste daran denken was ich alles verpasse. Immerhin bin ich 17 Jahre alt, wo alle anderen am Wochenende auf wilde Partys gehen und um die Häuser ziehen sitze ich alleine zu Hause und hasse mich selbst mit einer Intensität die mich manchmal selbst erschreckt. Die ganzen Ängste und Depressionen haben schon langsam mit 9 angefangen, mit 13 so schlimm das ich ab da dauernd in Therapie war. Statt einer normalen Jugend, Charakterentwicklung und der ersten Liebe hieß es bei mir Verhaltenstherapie, Selbstmordgedanken und Antidepressiva. Kein Wunder das ich viele Dinge anders sehe als meine Freundinnen und Klassenkameraden - was nicht immer unbedingt schlecht ist. Es ist halt anders - ICH bin halt anders. Das finden nicht alle so toll. Ich weiß zum Beispiel das meine älteste Freundin auch gerne mal hätte das ich alles los lasse, mit feiern gehe, mich mal ordentlich besaufe und auf alles scheiße. Verrückte Sachen mache. Das ist aber nicht meine Art. Ich gehe nicht feiern denn ich hasse es zu tanzen - kaputte Beziehung zu meinem Körper. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine wilde Rummacherei mit Fremden. Für meine Freundinnen und Klassenkameraden unvorstellbar - deswegen werde ich auch gerne mal als "Spaßbremse" betitelt.
Für mich sind verrückte Sachen halt etwas anderes, ich möchte andere Sachen erleben.
Nachts mit einer Picknickdecke und Kuscheldecken auf das Dach setzen und Sterne beobachten. Bungee Jumping von einer Brücke machen und vorher vor Angst den jeweils anderen verfluchen. Nachts auf der Kirmes so lange Kettenkarussel fahren bis die Lichter vor den Augen verschwimmen und wir nicht mehr grade stehen können. Eine alte Nintendo64 Konsole besorgen und alle Spiele durchspielen, die wir damals so geliebt haben. Und dabei so abgehen als wären wir nie älter geworden. Während eines Horrorfilmes zusammen Ben & Jerrys aus der Packung löffeln ohne das einer sagt wie fett er geworden ist. Im Winter Nachrichten in die Schneeschicht auf den Autos schreiben. Nachts spazieren gehen und dabei Angst haben entführt zu werden, sich dann daran erinnern das wir Mädchen sind und Galileo gucken, uns also nichts passieren kann. DAS sind einige der Dinge die ich erleben möchte, so ähnlich zum Teil sogar schon erlebt habe und sie sehr schätze. Sie vermitteln mir das Gefühl von Freiheit, Unbeschwertheit. Ein kleines Feuerwerk, ein Stück Kindheit das nie verloren geht. Ein Moment der dir zeigt dass das Leben wundervoll und einzigartig ist.

b212606785

1 Kommentar:

  1. Ja, für viele in deinem Alter unvorstellbar aber es gibt auch einige denen es auch so geht.
    Nur solche Menschen trifft man "draußen" eher nicht, höchsten in der Klinik oder einer ambulanten Gruppentherapie.

    Ich finde deine Interessen schön und wünsche dir, das du es schaffst ihnen bald nachzugehen.
    Du wirkst auf mich als wärst du ein romantischer Typ.
    Ich wünsche dir Kraft und eine gute Nacht!

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